Eike Dingler im Interview zur neuen Kampagne
July 7, 2025
Wir haben den Künstler Eike Dingler zu der Entwicklung unserer neuen Saison-Kampagne 25/26 befragt.
Was zeichnet deine künstlerische Arbeit aus?
Ich nehme Dinge, baue etwas daraus, arrangiere sie, fotografiere das Ergebnis – die Dinge verändern sich durch die Kombination, bekommen eine andere Bedeutung, erzählen etwas. Oft ist dabei auch eine humorvolle Komponente im Spiel.
Deine Bilder entstehen nicht dokumentarisch, sondern durch Konstruktion. Wie wählst du das Material aus, mit dem du arbeitest?
Das hängt natürlich vom Thema ab, aber oft beginne ich damit, in meinen Fundus zu schauen: Was passt? Was spricht mich an? Ich mache daraus auf meinem großen Arbeitstisch eine Sammlung, sozusagen einen Haufen aus Kram und Zeug. Zusätzlich schreibe ich viel auf Karteikarten: einzelne Ideen, Dinge, die ich nicht habe, abstrakte Begriffe. Auch die liegen während des Prozesses mit auf dem Tisch. Daraus entstehen dann erste Kombinationen und weitere Ideen.
Wie sah dieser Prozess bei der Kampagne für die DFDC konkret aus?
Klar war von Anfang an, dass die Tänzer*innen in die Bildwelt integriert werden sollen. Also habe ich mit Fotos gearbeitet – Fotos im Foto war etwas Neues für mich. Ich habe sie ausgeschnitten, kombiniert und mit Objekten interagieren lassen. Und ich habe viel ausprobiert, wie visuell ein Bühnenraum entstehen könnte, wie sich eine Aufführungssituation andeuten ließe. Dabei war wichtig, dass der Blick zwischen den beiden völlig gegensätzlichen Lesarten oszillieren kann: Sehe ich da gerade kleine Dinge auf einem Tisch oder eine Tänzerin auf einer Bühne? Modell oder Illusion?
Wie hast du die Objekte ausgewählt, mit denen du die Tänzer*innen kombiniert hast?
Ich habe mich intensiv mit der choreografischen Methode von Ioannis Mandafounis beschäftigt. Dann habe ich experimentiert: Welche dieser Ideen und Tools der Methode korrespondieren mit konkreten Dingen, Figuren oder räumlichen Anordnungen. Generell dreht sich die Improvisationsmethode ja viel um das Verhältnis vom Körper zum Raum, in dem er sich bewegt – diesen Raum überhaupt sichtbar machen hat zu dem Motiv mit dem Geodreieck geführt. In dem Bild mit den Tangram-Dreiecken spiegelt sich das Tool „Connecting Limbs“ wider. Oder das Prinzip „Invisible Friend“ war einfacher – hier brauchte ich lediglich einen Freund finden, der schön zwischen figürlich und abstrakt changiert.

© Assemblage Eike Dingler mit Foto von Stephan Floss
Was ist für dich der Reiz an der Arbeit mit analogen Objekten?
Ich inszeniere Dinge, die greifbar sind. Sie lassen sich verformen oder müssen befestigt werden. Sie haben Gebrauchsspuren und eigene Geschichten aus dem Leben vor meinem Fundus, die ich nicht kenne. Diese Objekte sind gewissermaßen kooperative Gegenüber und Komplizen – es entstehen viele zufällige Momente. Ich lasse mich gerne überraschen, das ist das Wunderbare dieses analogen Prozesses.
Gibt es in deinen Arbeiten auch digitale Arbeitsschritte?
Nur in der Nachbearbeitung. Ich stelle Kontraste ein, entferne kleine Bildfehler – das war’s. Alles, was man im Bild sieht, existiert analog.
Ein Teil des Bildmaterials stammt aus deiner eigenen fotografischen Begleitung des Ensembles. Was war dir bei diesen Aufnahmen wichtig?
Ich war drei Tage in Frankfurt und habe die Proben begleitet und fotografiert. Dabei ging es mir nicht um perfekte Bildkompositionen, sondern darum, typische Momente einzelner Tänzer*innen festzuhalten, die charakteristisch für die Bewegungssprache der Company sind.

© Fotos und Assemblage Eike Dingler
Hast du durch diese Begegnung mit der Company selbst etwas gelernt?
Sehr viel. Ioannis Mandafounis Methodik zur Bewegungsimprovisation finde ich absolut spannend. Besonders der „Morning Dance“ hat mich inspiriert. Dabei haben die Tänzer*innen jeden Tag eine knappe halbe Stunde zum freien Improvisieren, alleine oder in spontanen Begegnungen. Diese Praxis, sich regelmäßig einem offenen Raum des Ausprobierens und freien Experimentierens auszusetzen, übernehme ich gerade in meinen Studio-Alltag.
Wie siehst du die Verbindung zwischen Tanz und deiner künstlerischen Arbeit?
In beiden Feldern spielt Improvisation eine zentrale Rolle. Ich arbeite mit dem, was da ist, reagiere auf Situationen, Materialien, Zufälle. Beim Tanz geschieht das im Moment, in der Bewegung. In meiner Arbeit ist es ein langsamerer Prozess: verschieben, gucken, neu kombinieren.
Welche Projekte stehen bei dir als Nächstes an?
Ich habe ein Stipendium bekommen, mit dem ich mich fotografisch mit dem Thema „Universum“ auseinandersetzen kann. Dafür werde ich mir im Sommer Zeit nehmen – mit Ruhe und Konzentration, ganz ohne unmittelbaren Ergebnisdruck. Und werde Planeten tanzen lassen

Assemblage Eike Dingler mit Foto von Dominik Mentzos