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CHOREOGRAFIE, LICHT Emanuel Gat

TANZ Tänzer*innen der Dresden Frankfurt Dance Company

PROBENLEITUNG Pauline Huguet

DRAMATURGIE Philipp Scholtysik

musik

Aus „Das Lied von der Erde“ von Gustav Mahler:

Der Einsame im Herbst

Der Abschied

Bariton: Dietrich Fischer-Dieskau
Dirigent: Leonard Bernstein
Wiener Philharmoniker
Aufnahme von 1967


Ein choreografisches System

Emanuel Gat ist nicht nur einer der profiliertesten Choreografen der Gegenwart, er ist auch einer der konsequentesten. Sein künstlerisches Schaffen geht aus von einem klar definierten Begriff von Choreografie: es ist die Organisation von Handlungen in Raum und Zeit. Das klingt zunächst sehr abstrakt, gar akademisch. Im Ergebnis ist es aber das genaue Gegenteil. Das spezifische an Gat ist nicht diese Definition, sondern, welche Schlüsse er daraus zieht. Wie kann man Handlungen in Raum und Zeit organisieren? Die übliche Art zu choreografieren wäre, für eine Gruppe eine Bewegungsabfolge festzulegen, die alle Relationen zu Raum und Zeit enthält. Die Tänzer*innen lernen alles, führen es aus, die Aufführung auf der Bühne ist die Umsetzung der Choreografie, die Choreografie ist die Vorschrift für die Aufführung. Vorschrift in einem sowohl hierarchischen als auch zeitlichen Sinn.

Anstatt eines so zentralisierten Prozesses erschafft Gat ein System, in dem die Choreografie und die Aufführung in eins fallen. Das choreografische System, das aus wenigen klaren Regeln besteht, ermöglicht es, auf der Bühne in der Aufführung choreografische Entscheidungen zu treffen. Das choreografische Urteilsvermögen, auf dem die Aufführung beruht wird so dezentralisiert. Das Ensemble agiert darin ebenso mündig wie der Choreograf.

Eine weitere Besonderheit von Emanuel Gat ist sein Umgang mit Musik und Licht. Der Titel „Abschied“ legt gewissermaßen einen thematischen Fokus nahe. Das ist aber nicht der Fall. Er leitet sich stattdessen von einem der beiden Lieder von Gustav Mahler ab, die in dem Werk verwendet werden. Gat arrangiert dabei in einer gewissen Nähe zur bildenden Kunst die drei Ebenen Musik, Licht und choreografisches System als drei gleichberechtigte ästhetische Register, die nebeneinanderstehen. Ihr Zusammenwirken liegt nicht darin, dass eins das andere ausdrückt oder illustriert, sondern in ihrem Aufeinandertreffen als drei autonome Dimensionen.

Entsprechend stellen die Menschen auf der Bühne nichts dar, sondern sie tun etwas. Und dabei sieht man sie. Das ist alles. In anderen Medien ist es leichter, sich darauf einzulassen. Musik, die nichts bedeutet? Niemand würde sich wundern. Auf der Bühne ist es plötzlich irgendwie anspruchsvoll. Und genau darin liegt auch der Reiz: sich offen auf etwas einzulassen, von dem man gewöhnt ist, anzunehmen, dass es so etwas wie eine Botschaft enthält. Was auf der Bühne passiert, bringt das Publikum unversehens in eine ähnliche Lage, wie die Menschen auf der Bühne. Unvermittelt ist es frei und dadurch ebenso verantwortlich. Wenn Emanuel Gat sagt, dass man erst nach der Aufführung wissen kann, wovon sie gehandelt haben wird, meint er das sehr ehrlich: Sie, das Publikum, wissen darüber ebenso viel wie er. Der Sinn der Aufführung ereignet sich live und erst in der Wahrnehmung.

Das LIed von der Erde

Der Text von Gustav Mahlers Liedzyklus „Das Lied von der Erde“ hat eine besondere Entstehungsgeschichte. Er basiert auf sieben Gedichten aus Hans Bethges „Die chinesische Flöte“, das aus Nachdichtungen chinesischer Gedichte besteht, die Bethge allerdings in einer deutschen Übersetzung von Hans Heilmann kannte, der sich auf französischen Übertragungen aus dem Chinesischen von Marquis d’Hervey de Saint-Denys und Judith Gautier stützte.

„Der Einsame im Herbst“ basiert auf der ersten Hälfte von dem „Lied vom Kummer“ von Li Tai-Po, „Der Abschied“ basiert auf „Übernachtung in des Meisters Bergklause, umsonst auf einen Freund wartend“ von Meng Haoran, und auf „Abschied“ von Wang Wei.

Hier die Texte, wie sie in Gustav Mahlers Liedern (von Bethge abweichend) lauten:

DER EINSAME IM HERBST

Herbstnebel wallen bläulich überm See;
Vom Reif bezogen stehen alle Gräser;
Man meint', ein Künstler habe Staub vom Jade
Über die feinen Blüten ausgestreut.

Der süße Duft der Blumen is verflogen;
Ein kalter Wind beugt ihre Stengel nieder.
Bald werden die verwelkten, goldnen Blätter
Der Lotosblüten auf dem Wasser ziehn.

Mein Herz ist müde. Meine kleine Lampe
Erlosch mit Knistern;
es gemahnt mich an den Schlaf.
Ich komm zu dir, traute Ruhestätte!
Ja, gib mir Ruh, ich hab Erquickung not!

Ich weine viel in meinen Einsamkeiten.
Der Herbst in meinem Herzen währt zu lange.
Sonne der Liebe, willst du nie mehr scheinen,
Um meine bittern Tränen mild aufzutrocknen?


DER ABSCHIED

Die Sonne scheidet hinter dem Gebirge.
In allen Tälern steigt der Abend nieder
Mit seinen Schatten, die voll Kühlung sind.
O sieh! Wie eine Silberbarke schwebt
Der Mond am blauen Himmelssee herauf.
Ich spüre eines feinen Windes Wehn
Hinter den dunklen Fichten!

Der Bach singt voller Wohllaut durch das Dunkel.
Die Blumen blassen im Dämmerschein.
Die Erde atmet voll von Ruh und Schlaf,
Alle Sehnsucht will nun träumen.
Die müden Menschen gehn heimwärts,
Um im Schlaf vergeßnes Glück
Und Jugend neu zu lernen!
Die Vögel hocken still in ihren Zweigen.
Die Welt schläft ein!

Es wehet kühl im Schatten meiner Fichten.
Ich stehe hier und harre meines Freundes;
Ich harre sein zum letzten Lebewohl.

Ich sehne mich, o Freund, an deiner Seite
Die Schönheit dieses Abends zu genießen.
Wo bleibst du ...? Du läßt mich lang allein!
Ich wandle auf und nieder mit meiner Laute
Auf Wegen, die vom weichen Grase schwellen.
O Schönheit! O ewigen Liebens - Lebenstrunkne Welt!

Er stieg vom Pferd und reichte ihm den Trunk
Des Abschieds dar. Er fragte ihn, wohin
Er führe und auch warum es müßte sein.
Er sprach, seine Stimme war umflort: Du, mein Freund,
Mir war auf dieser Welt das Glück nicht hold!
Wohin ich geh? Ich geh, ich wandre in die Berge.
Ich suche Ruhe für mein einsam Herz.
Ich wandle nach der Heimat, meiner Stätte.
Ich werde niemals in die Ferne schweifen.
Still ist mein Herz und harret seiner Stunde!

Die liebe Erde allüberall
Blüht auf im Lenz und grünt aufs neu!
Allüberall und ewig
Blauen licht die Fernen!
Ewig... ewig...



Emanuel Gat

Emanuel Gat wurde 1969 in Israel geboren und begann 1994 als unabhängiger Choreograf zu arbeiten. In den folgenden zehn Jahren hat Gat durch zahlreiche Projekte, Kollaborationen und Kreationsprozesse einen einzigartigen und persönlichen Ansatz für Choreografie und Tanz entwickelt, der die Grundlagen für seine künstlerische Vision und sein kreatives Schaffen von dann an bildet. Er gründete seine Kompanie Emanuel Gat Dance im Jahr 2004 in Tel Aviv und ließ sich später in Frankreich nieder. Die Kompanie hat internationale Anerkennung für ihre einzigartige Stimme erlangt, tourt regelmäßig auf der ganzen Welt und wird von der Kritik sehr gelobt.

Gats Arbeiten wurden in den letzten 25 Jahren in den meisten der führenden Tanztheatern und -festivals auf der ganzen Welt präsentiert, getanzt von einer starken und vielfältigen Gruppe von langjährigen Mitarbeiter*innen. Parallel zu seiner choreografischen Arbeit entwirft Gat die Beleuchtung für all seine Werke und macht sie zu einem integralen Bestandteil seines kreativen Prozesses. Während seiner gesamten Laufbahn hat Gat ein reichhaltiges methodisches Instrumentarium und einen originellen pädagogischen Ansatz für das Tanzschaffen entwickelt. Er wird regelmäßig eingeladen, an den weltweit führenden Tanzschulen und -institutionen zu unterrichten und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Gleichzeitig bietet Emanuel Gat Dance jungen Tänzer*innen und Künstler*innen regelmäßig die Möglichkeit, durch Praktika, Workshops und Meisterkurse in seine Praxis einzutauchen.

Begleitprogramm

Premierenparty

12.12.2025

Im Anschluss an die Vorstellung laden wir herzlich zur Premierenparty ein.

Nachgespräch

13.12.2025

Erfahren Sie mehr über die Hintergründe der Produktion und die beteiligten Künstler*innen.

Dresden Frankfurt Dance Company

Wir sind ein zeitgenössisches Tanzensemble unter der künstlerischen Leitung von Ioannis Mandafounis. Wir entwickeln, präsentieren und vermitteln Tanz mit dem Wunsch, Menschen zusammenzubringen, zu inspirieren und für Tanz zu begeistern. Ob durch energiegeladene, inspirierende Aufführungen oder intime, ruhige Momente – Tanz hat die Kraft, die unterschiedlichsten Menschen zu verbinden.

Wir vereinen zeitgenössisches Denken und Tanztradition, indem wir experimentieren und traditionelle Vorstellungen von Choreografie überdenken und weiterentwickeln. Eine zentrale Grundlage der Arbeit des Ensembles ist die von Ioannis Mandafounis entwickelte Methodik. Diese ermöglicht es den Tänzer*innen, aus ihren Körpern, Bewegungen und Aktionen in jeder Aufführung und jedem Moment neu live auf der Bühne eine Choreografie zu kreieren.

Tänzer*innen der DFDC

Sophie Borney
Thomas Bradley
Emanuele Co'
Audrey Desmurs
Nastia Ivanova
Marina Kladi
Yan Leiva
Antonin Mélon
Emanuele Piras
Solène Schnüriger
Ichiro Sugae
Ido Toledano
Simon Voitoux Puigrenier
Ashley Alexandra Wright
Samuel Young-Wright
Lottie Hawkins (Gästin)

Team

Martina Becker

ASSISTENTIN DER KAUFMÄNNISCHEN DIREKTORIN

Pauline Belger

EDUCATION

Adrián Castelló

KÜNSTLERISCHES BETRIEBSBÜRO

Lilli Christoph-Homberg

LEITUNG KOMMUNIKATION

Annika Glose

KAUFMÄNNISCHE DIREKTORIN

Jochen Göpfert

LICHT

Daniel Groß

BÜHNE

Pauline Huguet

PROBENLEITUNG

Ronja Koch

MARKETING & ONLINEKOMMUNIKATION

Dietrich Krüger

TECHNISCHER DIREKTOR

Ioannis Mandafounis

KÜNSTLERISCHER DIREKTOR / CHOREOGRAF

Dorothee Merg

KOSTÜM

Rike Meyer

AUSZUBILDENDE MARKETINGKOMMUNIKATION

Julian Mommert

GASTSPIELE & KOPRODUKTIONEN

Pauline Puhze

WERKSTUDENTIN SOCIAL MEDIA

Johanna Roggan

KOOPERATIONEN & NETZWERK

Edgar Röthig

TON

Philipp Scholtysik

DRAMATURGIE


Förderer der DFDC

Die Dresden Frankfurt Dance Company wird gefördert durch die Landeshauptstadt Dresden und den Freistaat Sachsen sowie die Stadt Frankfurt am Main und das Land Hessen.

Impressum

Fotos

Probenfotos © De-Da Productions

Text

Philipp Scholtysik

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